“Biest” zeigt Müller wie es geht: Füllkrug historisch: Vom Absteiger zum WM-Helden

„Beast“ zeigt Müller, wie es geht
Ein historischer Füllkrug: Vom Absteiger zum WM-Helden

Von David Beürglich & Stephan Uersfeld, Al-Khor

Die Welt feiert „den Killer mit der Zahnlücke“: Niclas Füllkrug ist Deutschlands erster WM-Held in Katar. Es ist ein historisches Tor, aber der Weg der Stürmer dorthin ist steinig und die „Totalität“ hätte beinahe eine falsche Wendung genommen. Jetzt muss sich Flick auf diese Waffe verlassen.

Es ist die 83. Minute, Niclas Füllkrug setzt sich im Strafraum stark durch – und lenkt den Ball ins obere Toreck. Es gibt keinen Jubel, keine Freude. Sein Tor ändert am Ende des Spiels nichts. Werder Bremen verliert am 22. Mai 2021 zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach und scheidet aus der Bundesliga aus. Was der Torschütze nach dem Schlusspfiff genau denkt, wird nicht verraten. Doch es bedarf keiner Fachkenntnis, um zu erraten, dass ihm nicht die Teilnahme an der WM in Katar oder gar das WM-Tor im Kopf herumjagen.

Genau anderthalb Jahre und fünf Tage später behauptete sich Niclas Füllkrug im Strafraum erneut – und schlug den Ball fulminant ins obere Toreck. Diesmal ist es der linke und nicht der rechte. Und diesmal wird der schlagkräftige Stürmer von einem jubelnden Haufen fast erdrückt. Dieses Mal ändert sein Tor alles, der Endstand steht 1:1 gegen keinen geringeren als die Spanier 7:0, an der Spitze der Gruppe E. Diesmal erzielte Füllkrug das erste Tor eines DFB-Stürmers bei der WM seit 3059 Tagen . Seit zuletzt 2014 in Rio, seit dem Tor Superjoker Mario Götze. Historisch. Es ist auch das erste WM-Tor eines Werder-Spielers seit dem 1:0-Sieg von Mesut Özil gegen Ghana im Jahr 2010. Es war der Beginn von Özils Weltkarriere, nach dem Turnier wechselte er zu Real Madrid. Das wird nicht passieren.

„Wir wollten dieses Spiel unbedingt machen, das war sehr wichtig für das Gefühl“, sagte Füllkrug nach dem Spiel. “Wir haben noch Luft nach oben. Wir müssen uns jetzt nicht verrückt machen. Aber wir können davon ausgehen, dass im letzten Spiel alles gut läuft.” Natürlich erntet der Stürmer Lob von seinen Kollegen. İlkay Gündoğan bezeichnet den Hammer von Füllkrug als „ein wichtiges brutales Tor“ und erklärt: „Man merkt am Tor von Niclas, welche Qualitäten er hat.“ Thomas Müller findet einfach „toll, dass es die Vollständigkeit in den Gürtel steckt.“

Echter Steckplatz

Als Füllkrug und Sané aufs Feld gehen, ändert sich das Spiel der deutschen Mannschaft. Plötzlich wurde im spanischen Strafraum fast jede Minute verbrannt. Jeder im Stadion spürt die Präsenz einer echten Nummer 9 vor dem Tor. Erst kommt er einen Schritt zu spät nach Musialas Ball. Dann, in jener 83. – der wichtigen, nicht von 2021 – startet Sané mit einem Pass auf Jamal Musiala, der den Ball gut annimmt. Bis Füllkrug ihm die Spielgeräte klaut. Der Bremer Torschütze schießt den Ball dann mit einer so flüssigen Bewegung ins Netz, dass sogar der Wüstensand rund um das Al-Bayt-Stadion in Al-Khor neidisch wird. Genau wie ein echter Schnapper. Keeper Unai Simon hat keine Chance.

Kanne gefüllt. Natürlich, wer sonst? Dieser Junge will nur rennen. Auf dem englischen Twitter-Kanal feiert der DFB den Mittelstürmer als „Beast of a Man“. Das trifft ihn gut mit diesem heftigen Strahl im Ellbogen. Egal ob Freund oder Feind, nur ein Gedanke ist nötig: Der Ball muss ins Tor. Genau diese einfache und oft so schwer umzusetzende Floskel wendet Werder Bremen nun seit anderthalb Jahren mit erschreckender Konsequenz an. Erster in der zweiten Liga mit seinem kongenialen Sturmpartner Marvin Ducksch. Dann seit dem Sommer in der besten deutschen Abteilung, wo er der treffsicherste deutsche Torschütze ist (10 Tore).

Ein gefüllter Krug wird zu einem Tier auf dem Feld. Und Hansi Flick sieht endlich den Wert einer richtigen Mitte auf dem Platz, aber er zögert nicht. Wer ist da, wenn es darauf ankommt. Der vor dem Tor gefühllos ist und einfach weiß, wie man im Fußball sagt, wo der Kasten ist. Genau das forderten die DFB-Kicker nach den vielen vergebenen Chancen gegen Japan gemeinsam ein. Individuell wird die Nummer 9 auch gegen Spanien gebraucht, bevor die Nationalmannschaft einige der besten Chancen verschenkt.

“Gap Tooth Killer”

Dabei geht es natürlich nicht um Füllkrugs kometenhaften Aufstieg zum WM-Heldenstatus (zumindest für eine Nacht). Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit Werder in der 2. Liga und einem Streit mit Bremer Scouting-Chef Clemens Fritz wäre er zu Beginn der Saison beinahe aus dem Verein geflogen. Woanders hätte er wahrscheinlich nicht so schnell sein Selbstvertrauen abgelegt, vielleicht hat es den Aufstieg und die starken Leistungen in der Bundesliga nie gegeben.

Zuvor hatten schwere Verletzungen den Torschützen in seiner Karriere immer wieder zurückgeworfen. Es wird als Problem angesehen. Auch weil er in der Bundesliga nicht an seine Leistungen im Unterhaus anknüpfen kann. Zu gut für den 2. Rang, zu schlecht für den 1. Rang, wie es scheint. Jetzt ist er endlich länger gesund geblieben, hat Werder in diesem Jahr fast im Alleingang in die obere Tabellenhälfte gehievt – und jetzt das Tor des Tages für Deutschland geschossen, das Gold wert sein kann . . . das letzte Spiel. Damals gewann Deutschland gegen Costa Rica (so hoch wie möglich) und Spanien und Japan zogen. Ohne den “vollen” Treffer wäre die DFB-Elf in diesem Fall tot.

Nach seinen Treffern in der Bundesliga versuchen viele, einen Platz im WM-Kader für den „Zahnlückenkiller“ (Die „Times“) zu finden. Aber niemand glaubt wirklich an viele Minuten oder gar Tore. Es wird scherzhaft als „Lückenfüller“ bezeichnet. Viele kritisierten, er habe keine internationale Erfahrung. Im Ausland, etwa bei “L’Équipe”, fragen sie nun wegen ihres mäßigen Bekanntheitsgrades: “Wer ist Niclas Füllkrug, der Angreifer von Werder Bremen, Torschütze gegen Spanien?” Auch nach dem Spiel in Doha gibt es für die Beobachter aus aller Welt nur ein Thema. Wer ist dieser Mann? Wo hat Flick es ausgegraben?

„Lücke“ hat nun in drei Einsätzen in 76 Minuten zwei Tore für die Nationalmannschaft erzielt, Deutschland bis ins Endspiel gegen die Ticos gerettet und sich für längere Einsätze vorgeschlagen. Thomas Müller, der im Druck gegen einen technisch starken Spanier gut organisiert ist, am Ende aber völlig wirkungslos agiert, muss um seinen Stammplatz bangen.

Gefüllter Krug, Differenzspieler

Flick hat ein mit Stars besetztes Mittelfeld, so viele Egos, die es zu befriedigen gilt. Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Ilkay Gündogan. Drei großartige Spieler. Drei, die in ihren Clubs führend sind. Drei, die noch keine Erfolge mit der Nationalmannschaft feiern konnten (abgesehen von Kimmichs Confederations Cup-Titel 2017). Auch weil seit 2014 etwas fehlt. Im Sturm.

Denn es geht nicht nur um die, die von Anfang an auf dem Platz stehen, sondern auch um die, die später das Spiel entscheiden können. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie ein Spiel drehen oder nur versuchen, sich einen Vorsprung auf die zehnminütige Verlängerung bei der WM zu verschaffen. Der Unterschied Spieler. Mit Niclas Füllkrug hat der Bundestrainer nun jemanden in seinen Reihen. Die echte Nummer 9. Flick täte gut daran, im Wettbewerb fortan mehr auf den Torjäger zu setzen.

Das „Beast“ mit dem kleinen humorlosen Hammer im oberen Toreck. Ein WM-Held für mindestens eine Nacht. Davon haben sich die Bremer am 22. Mai 2021 wohl nicht träumen lassen.

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