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Die Landespolizei hindert viele Bürger daran, Deutschland zu verlassen. Im Fall des 18-jährigen Solin G. wurde als Grund angegeben, dass er das PKK-Jugendlager in Istanbul besuchen könne.
Berlin – Mehr Deutsche dürfen Deutschland nicht verlassen. Auf eine kleine Bitte des Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut und seiner Fraktion Die Linke hin wies die Bundespolizei zwischen 2018 und 2022 insgesamt 131 deutsche Staatsbürger aus dem Land zurück.
Gab es 2018 nur drei Ausreiseverbote, ist ihre Zahl bis 2022 auf 66 gestiegen.
Deutschland verbietet Bürgern die Ausreise – Statistiken von 2018 bis 2022
2018 | 3 |
2019 | fünfzehn |
2020 | 33 |
2021 | 14 |
2022 | 66 |
Grundlage des Auslandsreiseverbots der Bundespolizei ist laut Antwort des Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage „der Abgleich personenbezogener Daten mit nationalen, europäischen und internationalen Datenbanken gemäß dem Gesetz (EU) 2016 /399 (Schengener Grenzkodex) im Rahmen ihrer grenzpolizeilichen Einsätze”. Zu den verwendeten Daten gehören „das polizeiliche Informationssystem, die für Grenzermittlungen verwendete Datei, das Schengen-Informationssystem und die Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente“. Nach Angaben des Innenministeriums hat auch die Bundespolizei „anlassbezogen und zur Einhaltung des geltenden Rechts Zugriff auf Datenbanken zur Terrorismusbekämpfung und Rechtsextremismus.
Länder verweigern Deutschen auch Reisen ins Ausland
Auch auf Landesebene wird den Deutschen die Ausreise verweigert – wie im Fall des 18-jährigen Solin G. hat die Stadt Oberhausen einem deutschen Staatsbürger kurdischer Herkunft den Pass entzogen. In einer sogenannten Verwaltungsverfügung untersagte ihm die Stadt zudem die Herausgabe von Personalausweis und Reisepass, auch wenn diese nur als „vorläufige“ Dokumente verlangt würden. In der Begründung heißt es, der Sender gehöre der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
„Ihr Recht auf Auswanderungsfreiheit (…) widerspricht den Interessen der Bundesrepublik Deutschland an ihrer inneren und äußeren Sicherheit und am internationalen Ansehen der Bundesrepublik Deutschland“, heißt es in Passentzug und Ausreiseverbot Ausreise aus dem Land von Solin G. Die Stadt Oberhausen hält den Zweck „Beteiligung an kriegerischen Aktivitäten der PKK“ für ausreichend.
Es ist möglich, PKK-Jugendcamps in Istanbul zu besuchen
Nach Angaben der Stadt Oberhausen soll Solin G. in diesem Jahr zweimal Istanbul besucht haben. Es wird daher vermutet, dass er „dort PKK-Jugendlager besucht und sich dort mit PKK-Strukturen verbunden hat“. Die Vorwürfe gegen die Kurdin sieht der Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Linke) mit Spannung bei der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara. „Es ist erschreckend zu sehen, wie schnell Grundrechte eingeschränkt werden, wenn es um Menschen geht, die sich für die Rechte der Kurden einsetzen. Leider habe ich oft das Gefühl, dass sich die Bundesregierung vor dem türkischen Präsidenten Erdogan zurückhält“, sagte Akbulut. Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA.
Enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei
Deutschland und die Türkei haben ihre Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Sicherheit in den letzten Jahren stark ausgebaut. Erst im November besuchte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ihren türkischen Amtskollegen Süleyman Soylu. Neben der Situation von Flüchtlingen wurden insbesondere Sicherheitsfragen diskutiert. Zwischen dem 5. und 7. Juli reiste Oberstaatsanwalt Peter Frank für drei Tage in die Türkei und traf dort mit dem türkischen Oberstaatsanwalt Bekir Sahin, Justizminister Bekir Bozdag und Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zusammen. Gesprächsthema waren laut Bundesregierung „Aufgaben und Zuständigkeiten der Strafjustiz“. Es wurden jedoch keine Einzelheiten veröffentlicht.
Die Argumentationslinien der AKP-Regierung
Die Geschichte von Solin G. lässt den Türkenexperten Kerem Schamberger mit dem Kopf schütteln. „Mit dem Passentzug wird dem kurdischen Dissidenten das Reiserecht verweigert“, sagte Schamberger im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau von IPPEN.Media. Der Kommunikationswissenschaftler ist verärgert, um die Maßnahmen gegen Solin G. zu rechtfertigen.
“Hier sind die Gründe der türkischen Regierung akzeptiert worden. Und damit werden Kritiker des kurdischen Erdogan in Deutschland in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.” Schamberger beklagt die Idee der Stadt Oberhausen, dass Betroffene die PKK besuchen können Jugendcamps in Istanbul bei der Einreise in die Türkei, dazu musste Oberhausen erst einmal sagen können, ob es solche Camps in der größten türkischen Milliardenstadt geben würde (Erkan Pehlivan)