
Die Botschaft von Bestseller-Büchern


Quelle: Getty Images/Jorg Greuel
Jetzt kennen wir die Sachbücher und Romane, die 2022 am meisten gekauft werden. Eine Entdeckung. Fernsehstars helfen immer noch beim Bücherverkauf. Aber die eigentliche Botschaft der Jahrestabellen liegt woanders.
C:Der Buchreport, der die wöchentliche Spiegel-Bestsellerliste erstellt, hat soeben die 20 meistverkauften Bücher des Jahres 2022 in den Kategorien Belletristik und Sachbuch veröffentlicht. Für Kulturjournalisten ist es, wie jedes Jahr kurz vor Neujahr, eine scheinbar kleine Niederlage, da die Lieblinge der Kolumnisten bestenfalls in den Hintergrund treten. Houellebecq zum Beispiel belegt nur den 20. Platz, obwohl er seit Januar Zeit hatte, sich zu übertreffen. Michelle Obama hingegen, die erst seit November mit ihrer neuen stärkenden Bibel „The Light Within“ auf dem Markt ist, schoss sofort auf Platz 12 der Sachbuchsektion des Jahresabschlusses.
Ja, Rankings können rücksichtslos sein, weil sie offenbaren, was kein Geheimnis ist; Bestseller-Bücher werden selten im Feature-Bereich besprochen. Oder seltsam gedruckt. Auf Platz eins der Jahrestabelle der Kategorie Belletristik lesen wir, dass „Eine Frage der Chemie“ hält, was seine Bestseller-Position verspricht.
Nun, qualifiziert oder disqualifiziert eine solche Aussage über das Buch von Bonnie Garmus? Nun, ohne Adorno, der alles Massengeschäft als Kulturindustrie ansah, wären Bestseller längst nicht mehr suspekt. Aber sie sind überraschenderweise thematisch irrelevant. Der Ernst der Weltlage (vulgo „Kipppunkt“) spiegelt sich jedenfalls nicht in der Liste der meistverkauften Sachbücher des Jahres 2022 wider. Nur ein Buch über Putin (das erste Buch von Catherine Belton) schaffte es in die Top 10. Ukrainische Bücher? Niemand!
Die Arroganz des Kolumnisten
Ist die Feuilleton-Sektion arrogant, die meisten Werke auf den Bestsellerlisten zu ignorieren? Es ist wohl die Aufgabe der Buchkritik, mehr Bücher zu rezensieren, die bereits in aller Munde und auf Tischen sind. Oder sollte Journalismus nicht eher Entdeckungen garantieren und Bücher sichtbar machen, die anderswo nicht erscheinen? Journalisten wollen und müssen beruflich Neues entdecken. Das kommt selten auf die Bestsellerliste.
Viele der üblichen Verdächtigen erscheinen in den Top 20 der Belletristik, mit Sebastian Fitzek, Djorte Hansen und Charlotte Link. Dito Mariana Lecky, Ferdinand von Schirach, Bernhard Schlink und Isabel Allende. Interessanterweise, da sie sich auf eine jüngere Leserschaft beziehen, gibt es fantastischere Koryphäen wie Rebecca Gable (Dragon Banner, Nr. 19) oder Colin Hoovers Doppeltitel It Begins With Us. Nur wieder Once und für immer“ (Platz 12).
Wie in den Vorjahren sind TV-Prominente in Sachbüchern besonders präsent. 1. Platz Talkshow-Moderator Kurt Krömers Depressionen, 3. Platz Heute-Journal-Moderatorin Marietta Slomka, 4. Platz für Medienkritik von Richard David Precht und die Medien. Der 8. Platz von Harald Welzer und Ex-Moderator Peter Hane (“Das Maß ist voll”) kann ohnehin niemanden überraschen. Erfolge, die eher dem Dreiklang aus Lesen, Selbsthilfe und guten Titeln zu verdanken sind, sind Brianna Whists 101 Essays That Will Change Your Life (Platz 2 der Jahrescharts) und Florian Illis’ Love in time of. Hasses“ (Platz 8).
Die eigentliche Geheimbotschaft der Bestsellerliste 2022 liegt jedoch nicht in den Namen der Autoren oder den Genre-enthüllenden Titeln (Jahresbestseller Belletristik, Platz 10); Buchhandlungsromantik als Buchgenre floriert seit Jahren. Warum nur? Denn alle kaufen bei Amazon und träumen von einer knackigen Buchhandlung.
nein Die eigentliche Botschaft der Top-20-Bestsellerliste verbirgt sich in den Verkaufspreisen; Die meisten Hardcover kosten mittlerweile mehr als 20 €. Und das sind alles Bücher, die vor der Papier- und Energiekrise bepreist wurden. Mal sehen, ob und welche Schmerzgrenzen Buchkäufer 2023 kennen werden.