
Und Oskar geht in … “Landkartchen”! Der Schmetterling wurde in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Insekt des Jahres 2023 gekürt. Damit soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Populationen dieser einst häufigen Schmetterlingsart aufgrund von Dürre und intensiver Landwirtschaft immer weiter schrumpfen. Wie eine Karte aussieht, hängt von der Jahreszeit ab, in der sie entwickelt wurde. Die Gründe für diese saisonalen Unterschiede sind noch unklar.
Seit 1999 wird das Insekt des Jahres von einer Jury aus Entomologen und Vertretern wissenschaftlicher Einrichtungen gewählt. Für das Jahr 2023 haben sie nun den Schmetterling „Landkärtchen“ ausgewählt, der als dritter Schmetterling überhaupt den Titel gewinnt.
Das Aussehen variiert je nach Jahreszeit
Eine Besonderheit des nur vier Zentimeter großen Ahorns (Araschnia levana) ist sein ausgeprägter „Saisondimorphismus“. Das bedeutet, dass Schmetterlinge, die sich im Frühjahr entwickeln, eine andere Farbe haben als solche, die sich erst im Sommer von Raupen zu Faltern entwickeln. Die Frühlingsgeneration hat orangefarbene Flügel mit schwarzem Muster, während die Sommergeneration schwarze Flügel mit weißem Muster hat. In beiden Fällen ähnelt das Muster jedoch den Linien auf einer Landkarte, wodurch die Landkarte zu ihrem Namen kam. Frühere Studien haben gezeigt, dass die Flügelfarbe davon abhängt, wie viel Sonne die Larven tagsüber bekommen. Lange sonnige Tage führen zur Sommerform und kürzere, weniger helle Tage zur Frühlingsform.
„Entscheidend sind hier Hormone aus der Gruppe der Ecdysteroide und der Zeitpunkt ihres Wirkeintritts in der Puppe. Die Gene, die die Exposition steuern, werden über die Tageslänge reguliert“, erklärt Juryvorsitzender Thomas Schmitt vom Deutschen Entomologischen Institut Senckenberg in Müncheberg. Warum die Karte jedoch so saisonal dimorph ist, bleibt unklar. Bisher konnten keine eindeutigen Hinweise auf eine Tarnung oder eine Warnfunktion der unterschiedlichen Farben gefunden werden. Diese Unsicherheit war laut Schmitt einer der Gründe, warum die Wahl auf den kleinen Falter fiel: „Die Karte zeigt wunderbar, dass bei weit verbreiteten und vermutlich altbekannten Insekten noch viel Forschungsbedarf besteht.“
Indikator für ökologisch intakte Kulturlandschaften
Aber die Karte hat mehr zu bieten als nur ihr Aussehen. Das Insekt gilt auch als Indikator für eine ökologisch intakte Kulturlandschaft. Sie legt ihre Eier nur auf der Unterseite von Brennnesselblättern ab, die in feuchten Gebieten wie Bächen und Flusstälern wachsen. Darauf legt der Schmetterling seine Eier in mehreren kurzen Fäden ab, die wie umgedrehte Türme aussehen und auf die Unterseite der Blätter geklebt werden. Das unterscheidet diese Art von allen anderen Schmetterlingen in Europa. „Aber nicht alle Brennnesseln sind gut für die Karte“, erklärt Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). „Die Eier brauchen für ihre erfolgreiche Entwicklung eine hohe Luftfeuchtigkeit. Daher werden Pflanzen bevorzugt, die an feuchteren Orten wachsen, etwa an hohen Stromschnellen in Flüssen und Flusstälern.“
Dieser unberührte Lebensraum schrumpft jedoch. „Die Brennnesseln, die durch die Überdüngung der Landschaft in großer Zahl wachsen, sind daher nicht automatisch ein guter Lebensraum für die Karte“, sagt Settele. „Die ausgeprägt heißen und trockenen Sommer der letzten Jahre haben dazu geführt, dass die Bestände von Araschnia levana aufgrund dieser Lebensraumansprüche deutlich zurückgegangen sind.“ Auch an sonnigen Waldwegen mit breitem Blütenbeet findet man die Falter oft.
„Die Karte ist ein Indikator für eine ökologisch intakte Kulturlandschaft, die in Deutschland durch die intensivierte Landwirtschaft, forstliche Monokulturen und die immer größer werdenden Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsflächen leider immer seltener wird“, so Settele. Ein weiterer Grund, mit der Nominierung zum Insekt des Jahres auf den Schmetterling aufmerksam zu machen.
Quelle: Forschungsinstitut Senckenberg und Naturkundemuseen