
Ärzte befürchten, dass es bei Untersuchungen mit Radionukliden zu Wartezeiten kommen kann. Die Ursache liegt in einem Forschungsreaktor in Belgien.
Wegen technischer Probleme an einem Forschungsreaktor in Belgien müssen Patienten hierzulande mit längeren Wartezeiten oder Verschiebungen bei bestimmten medizinischen Untersuchungen rechnen. Das befürchten deutsche Nuklearmediziner laut einer Stellungnahme ihrer Gewerkschaft BDN. Grund dafür ist im November ein drohender Engpass bei der Versorgung mit sogenannten Radionukliden, die unter anderem zur Diagnose vieler Krebsarten eingesetzt werden.
Diese Stoffe werden deshalb weltweit nur in sechs Forschungsreaktoren produziert: in Tschechien, Polen, Australien, Südafrika, den Niederlanden und im belgischen Mol. Der Reaktor in Belgien ist inzwischen wegen technischer Probleme außer Betrieb. Leider seien die anderen europäischen Kernreaktoren derzeit wegen Wartungsarbeiten außer Betrieb, sagte der BDN-Vorsitzende Detlef Moka aus Essen laut Mitteilung. Im November wird es voraussichtlich mindestens eine Woche lang keine Radionuklide geben.
Radionuklide sind radioaktive Elemente, die für die nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie dringend benötigt werden. Vereinfacht gesagt verwenden Ärzte diese Substanzen als diagnostische Hilfsmittel. Die Radionuklide werden gezielt in den Körper eingebracht, um therapeutische Wirkungen zu erzielen oder Stoffwechselvorgänge sichtbar zu machen. Eine optische Darstellung erfolgt mit der sogenannten Szintigraphie.
Neue Anlage erforderlich
Radionuklide werden laut BDN unter anderem zur detaillierten Diagnostik vieler Krebsarten eingesetzt, etwa zum Ausschluss oder Nachweis von Metastasen. Auch bei der Untersuchung von Organen wie Schilddrüse, Lunge, Niere, Galle oder Leber sowie bei der Diagnose von Alzheimer, Herzerkrankungen, Schlaganfall oder Thrombosen sind die kleinen Partikel von großer Bedeutung.
Die sechs Forschungsreaktoren spielen bei der Energieversorgung keine Rolle. „Aber ihre Bedeutung für die Nuklearmedizin und damit für die Patientenversorgung ist groß“, sagte Moka. “Denn die Reaktoren sind die einzige Quelle bestimmter Radionuklide.”
Allein in Deutschland werden laut BDN jede Woche rund 60.000 Untersuchungen mit den besonderen Elementen durchgeführt, weltweit sind es jährlich mehr als 30 Millionen. Aufgrund ihrer großen Bedeutung für die Nuklearmedizin koordinieren die sechs Fabriken weltweit ihre Produktion, um Versorgungslücken zu vermeiden.
Jetzt müssen die Reaktoren in Australien und Südafrika mehr arbeiten. Laut Moka haben die Probleme mit den 60 Jahre alten Systemen in Belgien und den Niederlanden jedoch zuletzt zugenommen. Sein Appell: „Was die medizinische Versorgung betrifft, wäre es dringend notwendig, ein anderes System in Betrieb zu nehmen.“ (dpa)