
Stand: 04.01.2023 15:00
Gesteinsprobe von Asteroiden, Jupiter-Mission, Ariane-6-Start: Die US-Raumfahrtbehörde NASA und die europäische Raumfahrtbehörde ESA haben große Pläne für 2023. Auch andere Nationen und einige Unternehmen verfolgen ehrgeizige Pläne.
Wenn Thomas Zurbuchen, ehemaliger Wissenschaftsdirektor der NASA, über die Weltraummissionen im Jahr 2023 spricht, leuchten seine Augen. „Es wird ein weiteres großes Jahr für die Wissenschaft“, sagt er im Gespräch mit tAltersschau.de. „Nicht nur für die Vereinigten Staaten, sondern für die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft. Wir – die NASA und unsere Partner – haben unglaublich viele Highlights.“

Ute Spangenberger
„Osiris-Rex“ bringt Gesteinsproben von einem Asteroiden
Einer dieser Höhepunkte ist sicherlich die Rückkehr der NASA-Sonde „Osiris-Rex“ zur Erde. Die Sonde wurde 2016 von Cape Canaveral gestartet und flog zum Asteroiden Bennu. 2020 näherte sie sich dem tiefschwarzen Felsen mit einem Durchmesser von 550 Metern und saugte Gestein ein.
Jason Dworkin, ein Astrobiologe bei der NASA, sagte damals: „Dies ist die größte Probensammlungsmission der NASA seit der Apollo-Mission. Und es ist die größte Menge an organischem Material, die wir jemals aus dem Weltraum gezogen haben.“ In Mineralien gebunden sollen sich sogar Spuren von Wasser auf dem 4,5 Milliarden Jahre alten Asteroiden befinden. NASA-Wissenschaftler warten nun gespannt auf die Rückkehr der Gesteinsproben zur Erde. „Im Moment fliegen wir zurück. ‚Osiris-Rex‘ wird im September in Utah eintreffen“, sagt Zurbuchen.
Im nächsten Jahrhundert könnte die Menschheit für die Ergebnisse dieser Mission noch sehr dankbar sein. Dann soll der Asteroid Bennu der Erde nahe kommen – so nahe, dass er sich bei seinem Vorbeiflug zwischen Mond und Erde bewegt. Die prognostizierte Wahrscheinlichkeit eines Einschlags auf der Erde liegt deutlich unter einem Prozent. Die Kenntnis der Gesteine, aus denen Bennu besteht, erleichtert jedoch die Berechnung von Verteidigungsszenarien im Falle eines drohenden Aufpralls.
Der frühere NASA-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen freut sich auf das Weltraumjahr 2023.
Bild: AFP
Europas neues Flaggschiff geht an den Start
2023 wird auch für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) ein aufregendes Jahr im Weltraum. Die neue Trägerrakete Ariane 6 wird vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou abheben. Der Start wurde bereits mehrfach verschoben.
Walther Pelzer, Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, sagt über die neue Rakete: „Sie ist Europas neues Flaggschiff im schweren Bereich, mit dem wir dann große Satelliten in verschiedene Umlaufbahnen bringen können. Sie ist ein großer Fortschritt.“ Ariane 5 und eine sehr geeignete Rakete für unsere Bedürfnisse. Wir haben viel weniger Starts als die Amerikaner, viel weniger Starts als die Chinesen. Also eine geeignete Rakete für uns.”
Abfahrt zum Jupiter
Die ESA-Mission der Jupiter-Sonde JUICE wird mit einer der letzten Ariane-5-Raketen gestartet. Der Start zum größten Planeten unseres Sonnensystems ist für April geplant. Die Reise zum Gasriesen wird mehrere Jahre dauern und Jupiter selbst und drei seiner Monde – Ganymed, Europa und Callisto – erforschen.
Pelzer erklärt: „Das ist eine hervorragende Wissenschaftsmission, die uns zum Jupiter führen wird. In den 2030er Jahren werden wir viel über Jupiter und seine Monde lernen, insbesondere über das Wasser auf den Monden unter dem Eis. Das wird entsprechend untersucht.“ Gibt es unter den Eiskrusten der Monde wirklich Wassergärten? Das wollen die Forscher herausfinden. Wasser gilt als Grundvoraussetzung für das Leben.
Die Zusammenarbeit auf der ISS geht weiter
Nach der Rückkehr von ESA-Astronaut Matthias Maurer im Jahr 2022 wird in diesem Jahr kein Deutscher zur Internationalen Raumstation ISS fliegen. Dazu ist eine Mission geplant, bei der NASA-Astronauten und ein russischer Kosmonaut zusammen mit einem Astronauten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Raumstation fliegen. Trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der Sanktionen soll die internationale Zusammenarbeit auf der ISS fortgesetzt werden.
Mehrere Nationen mit Plänen für den Mond
Die Mondpläne verschiedener Nationen schreiten voran. Die NASA bereitet zusammen mit der ESA Artemis II vor. Die Mission soll 2024 starten, Astronauten an Bord haben und den Mond umrunden. Auch die USA wollen Roboterlander zum Mond schicken.
Auch China und Russland arbeiten an ihren Plänen für eine Forschungsstation auf dem Mond oder den Start einer Sonde zum Mond. Russland hat den Start der Robotersonde „Luna 25“ vom vergangenen Jahr auf dieses Jahr verschoben.
Japanische Mondmission mit Umweg
Die Kommerzialisierung des Weltraums geht weiter. 2023 soll erstmals ein privates Unternehmen auf dem Mond landen. Im Dezember flog eine SpaceX-Rakete den Lander „Hakuto-R“ des japanischen Unternehmens ispace ins All. Die Landung auf dem Mond ist allerdings erst im April geplant. Im Gegensatz zu den Apollo-Missionen oder der Mondmission Artemis I, die nur wenige Tage brauchen, um zum Mond zu fliegen, ist der japanische Lander monatelang in der Entwicklung.
„Die Umlaufbahn des ispace Shuttle nimmt nicht den kürzesten Weg direkt zum Mond, sondern weit über den Mond hinaus zu einem Punkt im All, von dem aus es sehr energiesparend in eine Mondumlaufbahn ‚fallen‘ kann, und dann weiter Land“, erklärt SWR-Wissenschaftsredakteur Uwe Gradwohl die ungewöhnlich lange Reisedauer. „Der Vorteil ist die Treibstoffeinsparung, der Nachteil die lange Flugzeit. Aber Mondfracht verpufft normalerweise nicht so schnell, und statt des eingesparten Treibstoffs kann mehr Fracht auf die Fähre gepackt werden.“
Der japanische Mondlander hat unter anderem einen kleinen Rover aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an Bord. Nach der Landung wird das zehn Kilogramm schwere Gefährt rund 14 Tage lang um den Mond reisen und dabei unter anderem Fotos machen. In den nächsten Jahren plant ispace weitere Mondmissionen und für 2040 sogar eine Kleinstadt auf dem Mond mit 1000 Einwohnern.
Private Weltraumspaziergänge geplant
Auch die privaten Raumfahrtunternehmen der US-Milliardäre Elon Musk, Jeff Bezos und Richard Branson planen weitere Weltraumflüge. Insbesondere die Mission „Polaris Dawn“ von SpaceX wird für Schlagzeilen sorgen. An Bord soll der Unternehmer und Milliardär Jared Isaacman sein. Bereits im vergangenen Jahr war er als Kommandant von „Inspiration 4“, der ersten Weltraummission ohne Berufsastronaut an Bord, ins All geschossen.
Bei der neuen Mission wird eine vierköpfige Besatzung bis zu fünf Tage im Orbit verbringen. Erstmals werden auch sogenannte medizinische Astronauten ihr schützendes Raumschiff verlassen und einen Weltraumspaziergang unternehmen.